06. - Januar - 2022

Verstärkt die Inflation sich selbst?

Mit 4,5 Prozent stieg die Inflationsrate im Oktober auf einen neuen, seit 28 Jahren nicht mehr
verzeichneten Spitzenwert.
Für November hält die Bundesbank sogar eine noch höhere Rate für möglich. Die meisten
Ökonomen stimmen jedoch darin überein, dass einige ungünstig zusammentreffende
Einmaleffekte für die ungewohnte Teuerung sorgen. Im nächsten Jahr wird mit wieder deutlich
niedrigeren Werten gerechnet.
Wenn es nicht zu einer Dynamik kommt, vor der das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
(DIW) nun warnt: Die Erwartung einer höheren Inflation kann eine Lohn-Preis-Spirale in Gang
setzen und so zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Erste Gewerkschaften
haben schon angekündigt, die hohen Teuerungsraten in die nächsten Tarifforderungen
einzupreisen. Steigen die Löhne, müssen die Unternehmen auch ihre Preise anheben, deren
Steigerung wiederum deutliche Lohnerhöhungen rechtfertigt. Und so weiter.
Hinzu kommt als Sondereffekt die von der Ampelkoalition beschlossene Erhöhung des
allgemeinen Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde. Die Bundesbank erwartet dadurch „nicht
zu vernachlässigende Ausstrahlungseffekte“ auf die direkt darüber rangierenden Lohngruppen.
Sprich: Auch diese werden einen deutlichen Aufschlag verlangen. Der unter Fachkräftemangel
ächzende Arbeitsmarkt zumindest steht dem nicht entgegen. Eine Lohn-Preis-Spirale ist mithin
ein realistisches Szenario.